Position der Baßreflexöffnung

Position der Baßreflexöffnung

Bassreflex1Häufig wird die Frage gestellt, ob die Position der Baßreflexöffnung im Gehäuse eine Rolle spielt. Die Antwort, daß jeder Ort - ob oben oder unten auf der Schallwand oder sogar auf der Rückseite - möglich ist, ist sicherlich in den meisten Fällen richtig. Wenn man es aber ganz genau nimmt, muß man bei sehr hohen Standboxen wie bei der "Atlas" oder der "VIB extra" die Sache etwas detaillierter betrachten.
Zu diesem Zweck haben wir ein Testgehäuse mit zwei Baßreflexrohren gebaut. Das eine Rohr sitzt unmittelbar unter dem Tieftöner, das andere so weit wie möglich entfernt. Für die Versuche können die Rohre einzeln geöffnet werden.
Wenn beide Rohre geschlossen sind, ergibt sich der bekannte Amplitudenverlauf des geschlossenen Gehäuses. Interessant ist nun der Unterschied, der sich ergibt, wenn nur das eine oder nur das andere Rohr geöffnet wird. In beiden Fällen wurde unterhalb 40 Hz ein Pegelgewinn bis 6 dB gemessen. Oberhalb 40 Hz jedoch bringt das untere Rohr weiterhin eine Pegelerhöhung, während die Kurve des oberen zuerst sogar abfällt, um sich dann jenseits 150 Hz der geschlossenen Kurve anzunähern. Die Ursache für den Pegelsprung bei 140 Hz liegt darin, daß die Testbox ohne Dämpfungsmaterial betrieben wurde und sich eine kräftige stehende Welle ausbilden kann. Interessant ist, daß bei dem unteren Rohr diese schädliche Resonanz kaum entsteht, da am Boden kein völlig geschlossenes Ende vorhanden ist, an dem der Schall reflektiert werden kann. Schon das ist ein Vorteil der entfernteren Position der Öffnung, da Resonanzen nicht so stark auftreten und ohne großen Aufwand unterdrückt werden können.

Vor allem ist wichtig, daß das untere Rohr zwischen 50 Hz und 150 Hz mehr Pegel als das obere bringt. Um das zu klären, müssen wir uns kurz das Baßreflex-Prinzip vor Augen führen: Der rückwärtige Schallanteil, der in die Box gestrahlt wird, wird durch das schwingungsfähige System (Helmholtz-Resonator bestehend aus Boxenvolumen und Reflextunnel) in der Phase gedreht, also zeitlich verzögert durch die Öffnung abgestrahlt.

Baßreflexrohr und Tieftöner müssen als zwei Einzelschallquellen betrachtet werden. In einem Übernahmebereich oberhalb der Tuningfrequenz (hier 30 Hz) überlagern sich beide Schallanteile, wobei die Phasenlage bei der Mischung eine große Rolle spielt. Wegen der zeitlichen Beeinflussung gibt es keine Auslöschung des rückwärtigen Schalls wie beim akustischen Kurzschluß sondern eine Addition mit der Membranvorderseite.

Bassreflex2Der hier beschriebene Versuch zeigt, daß die normalen Bedingungen einer Baßreflexbox durch unterschiedliche Positionen der Öffnung verändert werden können. Durch den weiteren Weg, den der rückwärtige Schall zurücklegen muß, wird die Phase so gedreht, daß er sich optimal mit dem direkt abgestrahlten Schall addieren kann. Dieser optimale Abstand entspricht der Wellenlänge der Abstimmfrequenz. In der Praxis kann diese Länge oft nicht realisiert werden.
Trotzdem sollte man den Weg möglichst lang wählen. Bei den Dimensionen der Testbox wird der Bereich zwischen 50 Hz und 100 Hz bei phasenrichtiger Überlagerung unterstützt. Die deutlich größere "ATLAS" erfährt diesen "Schub" bei tieferen Frequenzen - der entscheidende Grund für die enorme Tiefbaßgewalt.

Fazit:

Bei großen Standboxen hat man die Wahl, die Baßreflexöffnung in die Nähe des Tieftöners oder möglichst weit entfernt zu legen. In beiden Fällen funktioniert das Baßreflexprinzip. Allerdings bringt der große Abstand einen stärkeren Pegelgewinn wegen einer günstigeren Phasenlage und vermeidet außerdem - sofern die Öffnung einer reflektierenden Wand benachbart ist - störende Resonanzen durch stehende Wellen.